12. Juni 2025
Ein Projektwerber, mehrere Projekte?
Können mehrere einander sachlich widerstreitende Projekte eines Bewilligungswerbers zulässig und Gegenstand eines „Widerstreitverfahrens“ sein? Damit beschäftigte sich unlängst der Verwaltungsgerichtshof (06.05.2024, Ra 2023/07/0101):
Im Anschluss an eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes aus 2014 (VwGH 18.12.2014, Ro 2014/07/0033 – Ausbau Kraftwerk Kaunertal) hatten manche (aus anwaltlicher Vorsicht zu Recht) die Auffassung vertreten, ein Projektwerber könne – jedenfalls im Rahmen eines Widerstreitverfahrens nach §§ 17 und 109 WRG – immer nur ein Projekt verfolgen.
Nun ist klar: Es ist zulässig, dass ein Bewilligungswerber mehrere Projekte einreicht, auch solche, die miteinander nicht vereinbar sind.
Denn anders als im zeitlichen Geltungsbereich des WRG 1934 schaffe § 109 WRG mit den Worten „verschiedene Bewerbungen“ keinen ausdrücklichen Bezug zu den antragstellenden Parteien im Widerstreitverfahren. Auch aus der ständigen Rsp des VwGH zu § 17 WRG ergäbe sich nach der Auffassung des 7. Senates nichts anderes:
Danach muss ein Widerstreit als gegeben angenommen werden, wenn die verschiedenen Bewerbungen um geplante Wasserbenutzungen zugrundeliegenden Projekte dergestalt sind, dass das eine nicht ausgeführt werden kann, ohne dass dadurch die Ausführung des anderen behindert oder vereitelt werden muss.
Wenn § 109 WRG anders als früher § 17 WRG 1934 nicht mehr von „Entwürfen verschiedener Bewilligungswerber“ spricht, kann das – so das Höchstgericht – nur dahin ausgelegt werden, dass der Gesetzgeber allein auf die Verschiedenheit der Bewerbungen abstellen wollte und nicht mehr auf die Verschiedenheit der Bewilligungswerber.
Es ist daher zulässig, dass ein Bewilligungswerber mehrere alternative Projekte, auch wenn sie einer „widerstreiten“, einreicht, die dann alle im Widerstreit zu prüfen sind.
Anzunehmen ist aber, dass ein Widerstreit iSd §§ 17 und 109 WRG zumindest zwei Bewilligungswerber mit je zumindest einem oder eben auch mehreren Projekten erfordert. Bleibt ein Projektwerber spätestens bis zum Eintritt der Sperrwirkung mit mehreren Projekten allein, wird ihm wohl von der Behörde im Anschluss an das Vorprüfungsverfahren (siehe dazu vor allem § 104 WRG) zu bedeuten sein, wie seine Projekte zu beurteilen sind und im Fall, dass alle bewilligungsfähig erscheinen, aufzutragen sein, sich für eines zu entscheiden.
Ob dagegen auch in einem solchen Fall eine Entscheidung der Behörde gem § 109 Abs 1 WRG zulässig ist, mit dem einem der Projekte nur eines Bewilligungswerbers der Vorzug zugesprochen wird, hatte der VwGH nicht zu entscheiden. Das ist noch nicht geklärt.